Bei der Preisverleihung gehen aber auch die anderen sieben Teilnehmerdörfer nicht leer aus
Auch wenn die Spannung bei allen Anwesenden groß war, galt es vor dem Beginn der Preisverleihung erst einmal für ein Gruppenfoto vor dem Dorfgemeinschaftshaus in Altfriesack Aufstellung zu nehmen. Acht Dörfer aus dem ganzen Landkreis Ostprignitz-Ruppin hatten sich für den regionalen Ausscheid beim Bundeswettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" beworben. Neben den Jurymitgliedern, die im Juli die Dörfer in Augenschein genommen hatten, waren auch aus jedem dieser Ortschaften nun Vertreter:innen zur Bekanntgabe der Gewinnerdörfer nach Altfriesack gekommen.
Teilnehmen dürfen Dörfer sowie Dorfgemeinschaften mit bis zu 3.000 Einwohner:innen. Gesucht werden Ideen und innovative Projekte zur Gestaltung eines attraktiven Lebens auf dem Land. Mit der Teilnahme sollen die Menschen zeigen, was sie vor Ort bewegt und was die Entwicklung und das Zusammenleben in ihrem Dorf auszeichnet. Im Mittelpunkt stehen Themen wie soziale Einrichtungen, Kulturangebote, ein lebendiges Vereinsleben, wirtschaftliche Aspekte, Fragen der Nahversorgung, Digitalisierung, Mobilität, Klimaanpassung sowie eine verantwortungsvolle Bau- und Grüngestaltung. Der Ausscheid findet seit 1961 nur alle drei Jahre statt, beginnend auf regionaler, dann auf Landes- und abschließend auf Bundesebene. Bewerben sich in Brandenburg auf Landkreisebene mehr als neun Dörfer, dürfen die zwei Punktbesten im Landesentscheid antreten, ansonsten nur der Sieger - wie jetzt in unserem Landkreis. Der Landeswettbewerb findet dann im kommenden Jahr statt. Die Dörfer, die sich dabei für den Bundesentscheid qualifizieren, werden im Sommer 2026 durch eine Jury bereist und schließlich bei einer großen Feier auf der Internationalen Grünen Woche 2027 ausgezeichnet.
"Die Zukunft basiert auf dem, was wir heute tun." Mit diesem Zitat von Mahatma Gandhi begann Antje Woltersdorf, die beim Landkreis OPR im Team Kreisentwicklung für die Dorfwettbwerbe zuständig ist, den Rückblick auf die Besuche der Kreis-Jury in den teilnehmenden acht Dörfern in OPR. Man sei beeindruckt gewesen, was in den Dörfern alles auf die Beine gestellt werde. Was einen Vergleich und eine Bewertung nicht unbedingt erleichtere. Daher sei das wichtigste Fazit des Kreiswettbewerbs 2024 von "Unser Dorf hat Zukunft", dass nicht nur jedes Dorf erlebens-, sondern vor allem lebenswert sei. "Jedes Dorf tickt anders, ist sozusagen ein Unikat", so Antje Woltersdorf. Auch Vize-Landrat Werner Nüse, der ein Teil der Jury war, fand für jedes der acht Dörfer ganz persönliche Worte und unternahm so mit allen Anwesenden noch einmal eine kleine, teils auch humorvolle Rundreise, wie sie auch die Jury absolviert hatte, durch Holzhausen und Berlitt (beide Stadt Kyritz), Dossow und Zempow (Stadt Wittstock/ Dosse), Barsikow (Wusterhausen/ Dosse) sowie Linum, Betzin und Königshorst (alle Gemeinde Fehrbellin). Er freute sich, dass in diesem Jahr so viele - auch wenn es gerne nicht nur aus seiner Sicht noch mehr sein könnten - Dörfer an dem Wettbewerb teilgenommen hatten.
Gerade einmal 120 Einwohner:innen zählt der Fehrbelliner Ortsteil Betzin und punktete bei der Jury damit, dass es sich neben vielen anderen Punkten um den Zuzug von Familien bemühe. Auch das Thema Lichtverschutzung werde aufgrund der Nähe zum Naturpark "Westhavelland" in Angriff genommen. Als Lohn für das große Engagement gab es für Betzin einen mit 1.000 Euro dotierten Sonderpreis für das Projekt "Spielplatzbau - Zukunftsbau".
In Berlitt (Stadt Kyritz) leben immerhin schon 165 Menschen. Ziel des Dorfes ist es, Altes und Bewährtes, wie das als Schloss bezeichnete Gutshaus im Ort, zu bewahren, aber auch Neues zu wagen und auf den Weg zu bringen, wie beispielsweise die Pflanzung und Pflege von 17 neuen Bäumen im Park oder die zwischenzeitliche Aufnahme von Geflüchteten in der Pilgerwohnung im Schloss. Für das Engagement bei der Schlossnutzung, zu dem zukünftig auch wieder eine Vermietung gehört, um das Objekt für die Dorfgemeinschaft zu erhalten, gab es ebenfalls einen mit 1.000 Euro dotierten Sonderpreis.
Dossow, das mit seinen 380 Einwohner:innen zur Stadt Wittstock/ Dosse gehört, gab sich bei der Bewerbung für den Wettbewerb bescheiden: "Auch wenn vieles gut ist, gibt es noch eine Vielzahl von Ideen und Projekten, mit denen unser Dorf noch schöner und anziehender werden kann." Der Zusammenhalt im Ort ist groß. So arbeiten Vereine, Unternehmen und weitere Akteure gut zusammen. Um mehr Menschen zur Ansiedlung zu bewegen, soll beispielsweise ein alter Bebauungsplan wieder reaktiviert werden. Auch das Thema Energie wird groß geschrieben. Man will die Energiewende aktiv mitgestalten und sogar die Gründung einer Energiegenossenschaft ist im Gespräch. So gab es auch für dieses Bemühen für den "Weg zum Energiedorf" einen Sonderpreis in Höhe von 1.000 Euro.
Mit den meisten Einwohner:innen bei den diesjährigen Wettbewerbsteilnehmern kann der Fehrbelliner Ortsteil Linum aufwarten: Es sind rund 670. So gibt es nicht nur viele Vereine, sodass den Jurymitgliedern der Abschluss der Dorfpräsentation mit dem Empfang durch Landfrauen, Sport-, Schützen- und Kleintierzuchtverein, Feuerwehr mit Nachwuchs sowie unverwüstlichen Vögeln noch lange in Erinnerung bleiben wird. So unterschiedlich und vielseitig verlaufen nämlich die Präsentationen der teilnehmenden Dörfer. Jedes Dorf ist eben anders und ganz individuell. Doch was die Jury in Linum nachhaltig beeindruckt hat, war der große Zusammenhalt im Ort. Dafür gab es einen mit 2.000 Euro dotierten Sonderpreis.
Rund 515 Menschen leben in Königshorst und seinen zahlreichen Dörfern, die alle ebenfalls zur Gemeinde Fehrbellin gehören. Ein Ort, in dem viele Rückkehrer und Neuzugezogene ein aktiver Motor sind. Es gibt viele Familien und damit auch Kinder, sodass die Kita gut besucht ist. Man würde im Ort die Hauptstraße, in denen viele Zuzügler:innen gebaut haben, daher scherzhaft auch die "Straße der Jugend" nennen. Es gibt eine Dorfzeitung und gleich zwei Chroniken. Und nicht nur bei diesem Thema wird Historisches mit der Gegenwart verbunden. Es ist das Lebensgefühl der Menschen in Königshorst, die sich selbst als "Horschter" bezeichnen und als Slogan "Alles in Butter" haben, was wiederum auf die einst, genauer 1732, im Ort gegründete "Lehranstalt für Butter- und Käsebereitung“ anspielt, die volkstümlich auch Butterakademie genannt wurde. Für die Zukunft gibt es im Ort noch viele Ideen, die jetzt eine finanzielle Unterstützung durch den Landkreis erfahren: Denn Königshorst belegte beim Dorfwettbewerb den dritten Platz und erhält dafür 3.000 Euro.
Zempow, das mit seinen gerade einmal 116 Einwohner:innen zur Stadt Wittstock/ Dosse gehört, ist nicht nur durch das reaktivierte Autokino weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Auch der Nutzhanfanbau steht für den Ort, in dem jetzt eine Hanfmanufaktur aufgebaut werden soll. Auch der Tourismus - man arbeitet dabei eng mit dem benachbarten Mecklenburg-Vorpommern zusammen - spielt eine große Rolle. So wird Wohnraum benötigt. Der ist im sanierten Bereich jedoch in Zempow nicht vorhanden. Es gäbe dort keinen Leerstand, berichtet Antje Woltersdorf bei der Preisverleihung. Jung und Alt werden zusammengebracht. So wurde ein Spielplatz zu einem Mehrgenerationenplatz umgebaut und "EinLaden" eingerichtet, in dem nicht nur eingekauft werden kann, sondern der auch Mittagstisch und Lieferservice anbietet und ein wichtiger Treffpunkt ist. Die Liste an Projekten wie "Kunst im Kuhstall" oder die Friedensscheune zum Weg zu einer Freien Heide ist lang. So gab es auch für Zempows Engagement einen mit 3.000 Euro dotierten dritten Platz.
In dem Kyritzer Ortsteil Holzhausen leben 266 Menschen. Überall ist in dem Ort ein Specht als wiederkehrendes Symbol zu entdecken. Man hält und arbeitet gut mit der Verwaltung zusammen. Für den Erhalt der Kita wird sich starkgemacht. Sogar einen Landwirt konnte man zur Wiederansiedlung im Ort bewegen. Es wurden Wanderwege und Tafeln, die über die Gebäude im Ort informieren, ebenso geschaffen, wie man sich um ein attraktives Dorfbild bemüht. Ein wichtiger Faktor fürs Dorfleben in Holzhausen ist auch die Kirche, die inzwischen eine Toilette erhalten hat, und die man auch für andere Zwecke wie Konzerte nutzen will. Die 5.000 Euro, die Holzhausen jetzt als Zweitplatzierter des Dorfwettbewerbs vom Landkreis erhält, sind da eine große Finanzspritze für das Ortsbudget.
2017 hatte bereits Bariskow, das mit seinen 190 Einwohner:innen zur Gemeinde Wusterhausen/ Dosse gehört, am Dorfwettbewerb teilgenommen und einen starken ersten Platz belegt. In diesem Jahr konnte der Ort mit seinem breitsgefächerten ehrenamtlichen Engagement erneut deutlich die Jury von sich überzeugen. Denn zusätzlich zum mit 10.000 Euro dotierten Siegertitel beim Kreiswettbewerb 2024 von "Unser Dorf hat Zukunft" gab es noch einen mit 500 Euro dotierten Sonderpreis für das elektrische Dorfmobil. Alle Aktivitäten, die Barsikow ausmachen, aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Deshalb hier nur eine kleine Auswahl: So gibt es nicht nur aufgrund einer privaten Initiative einen Alten Konsum, die Kirche wurde zu einer Pilgerherberge umgebaut oder das nicht mehr benötigte Feuerwehrhaus für eine multifunktionale Nutzung hergerichtet. Es gibt Kunstprojekte, Konzerte, Theater, Arbeitsgruppen zu den verschiedensten Themen, eine Dorfzeitung , eine selbstgebaute Festwiese und einen Bouleplatz. Man scheut sich auch nicht vor neuen Ideen und nimmt gerne an Projekten wie dem Dorfmobil oder dem Lieferservice "Stadt-Land-Drohne" teil.
Barsikow wird nun den Landkreis OPR beim Brandenburger Landeswettbewerb vertreten, der 2025 stattfindet. Dafür drücken wir schon jetzt alle Daumen und hoffen, dass auch die anderen Dörfer den Kommunen im Landkreis Mut gemacht haben, bei der nächsten Regionalausgabe von "Unser Dorf hat Zukunft" anzutreten. Denn alle Orte, die in diesem Jahr teilgenommen haben, haben eines gezeigt: Diese Dörfer haben Zukunft!